class struggle instead of world war

“Zu den Hamburger Tagen haben die Arbeiter die Bourgeoisie am Rande des Abgrundes gesehen.”

Ernst Thäl­mann

Was sind die wichtigsten Lehren des Hamburger Aufstandes?

1. Eine zah­len­mäßig geringe Schar von Pro­let­ari­ern, die mit größtem Helden­mut unter dem Ban­ner der Diktatur [des Pro­let­ari­ats] gekäm­pft haben, kon­nte sich mit Erfolg gegen die zwan­zig­fache Über­macht der glän­zend organ­is­ier­ten und bewaffneten Trup­pen der Bour­geois­ie mil­itärisch halten.

2. Der unver­gäng­liche Ruhm der Ham­burger Okto­berkäm­p­fer besteht dar­in, daß sie in ein­er revolu­tionären Situ­ation zu den Waf­fen grif­fen, obwohl sie den Sieg nicht zu 99 Prozent in der Tasche hat­ten. Der Len­in­is­mus lehrt, daß man den Kampf aufneh­men muß, wenn ern­ste Chan­cen für den Sieg vorlie­gen. Eine Garantie für den Sieg gibt es niemals im voraus. Die Nieder­lage in einem sol­chen Kampf ist tausend­mal frucht­barer und wer­tvoller für die Zukun­ft des Klassen­kampfes als ein Rück­zug ohne Schwertstreich.

3. Der Auf­stand führte zur Nieder­lage, weil er iso­liert blieb, weil er nicht in Sach­sen und im gan­zen Reiche sofort unter­stützt wurde. Mögen die Arbeit­er in einem ein­zelnen Ort mit dem größten Helden­mut, getra­gen von der stärk­sten Massen­be­we­gung, den Kampf aufneh­men: Sie wer­den gesch­la­gen, wenn nicht das Pro­let­ari­at im gan­zen Lande mit ihnen geht. Gerade dar­in, in der Organ­is­ier­ung und Zusam­men­fas­sung der ges­amten Arbeit­er­klasse in allen Indus­triezen­tren und Großstädten im gan­zen Lande, besteht DIE ROLLE DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI als Vortrupp des Pro­let­ari­ats. Gerade dar­um brauchen wir eine eiserne, völ­lig geschlossene, restlos ver­schmolzene, unbedingt dis­zip­linierte Partei.

4. Es ist nicht wahr, daß der Ham­burger Auf­stand ein Putsch war, son­dern er wurde von der Sym­path­ie der brei­t­esten Massen getra­gen. Sog­ar der Pol­izeis­en­at­or Hense mußte wütend zugeben, daß die sozi­al­de­mokrat­ischen Arbeit­er in Ham­burg, dieser rech­t­esten Organ­isa­tion der SPD, und mit ihnen “die wei­testen Kre­ise der Bevölker­ung zu den Kom­mun­isten hiel­ten”. Unsere Schwäche best­and nur dar­in, daß wir nicht ver­standen, diese Massen fest um uns zu schar­en, sie rechtzeit­ig in allen Teilkäm­p­fen zu uns her­überzuziehen, mit ihnen die Ein­heits­front gegen die sozi­al­de­mokrat­ischen Führ­er zu schließen.

5. Um bei der unver­meid­lich kom­menden Wieder­kehr des Ham­burger Kampfes in viel größer­em Maßstabe sie­gen zu können, müssen wir wie ein Keil in die Massen eindrin­gen, sie durch tausend Klam­mern mit uns ver­ein­i­gen, eine wirk­liche pro­let­ar­ische Ein­heits­front mit Mil­lion­en Arbeit­ern bilden. In den Gew­erkschaften, in allen parteilosen Organ­isa­tion­en der Arbeit­er­klasse muß ein großer revolu­tionärer Flü­gel her­an­wach­sen, der gemein­sam mit den Kom­mun­isten zum Träger der kom­menden Käm­pfe wird.

6. Als beson­der­er Man­gel wurde in den Ham­burger Okto­ber­t­agen das Fehlen ein­er starken Räte­bewe­gung empfun­den. Diese Tat­sache ist noch nicht genü­gend in der Partei ver­standen worden. Die Räte sind die Organe, die in ein­er revolu­tionären Situ­ation die Mil­lion­en­massen des Pro­let­ari­ats zusam­men­fassen, die das Rück­grat des Kampfes bilden. Diese Lehre dür­fen wir auch in der jet­zi­gen Peri­ode zwis­chen zwei Revolu­tion­en nicht vergessen.

7. Die Machter­gre­ifung des Pro­let­ari­ats ist kein ein­m­a­li­ger Akt. Sie besteht nicht nur in dem mil­itärischen Kampf gegen die Trup­pen der Bour­geois­ie, son­dern sie muß durch jahrelange, aus­dauernde Arbeit der Kom­mun­istischen Partei und des gan­zen Pro­let­ari­ats vorbereit­et wer­den. Die kom­menden Sieger über die Bour­geois­ie müssen durch unzäh­lige Teilkäm­pfe erzo­gen, vorbereit­et, organ­is­iert wer­den. Dies ist UNSERE HAUPTAUFGABE in der jet­zi­gen Periode.

8. Es ist falsch, daß durch die Okto­bernieder­lage von 1923 eine ein­z­igartige revolu­tionäre Situ­ation ein für alle­mal “ver­paßt” wurde. Die Nieder­lage von 1923 war keine dauernde, ebensowenig wie die Nieder­lage des Spar­tak­us­bundes in den Nos­ket­a­gen von 1919 eine dauernde war. Die Sta­bil­is­ier­ung des bür­ger­lichen Deutsch­lands hat kein­en lan­gen Atem: trotz Dawesplan und Garantiepakt. Bess­er: wegen Dawesplan und Garantiepakt. Die kapit­al­istische Sta­bil­is­ier­ung in Deutsch­land erlebt jet­zt ihre erste “Atem­not”. Das große Res­ultat des Ham­burger Auf­standes ist, daß die Arbeit­er den schein­bar unbe­sieg­lichen Klassen­feind dreim­al vier­und­zwan­zig Stun­den lang in sein­er gan­zen Schwäche gese­hen haben. Zu den Ham­burger Tagen haben die Arbeit­er die Bour­geois­ie am Rande des Abgrundes gese­hen. Und sie wer­den diesen Augen­blick niemals ver­gessen! Wir gehen nicht ein­er Ver­sump­fung, son­dern neuen Käm­p­fen, wir gehen mit ehern­er Not­wendigkeit in Deutsch­land der zweiten Revolu­tion ent­ge­gen. Dar­um gehört der Ham­burger Auf­stand nicht “der Geschichte” an, son­dern er ist eine Probe für die Zukunft.

9. Der Auf­stand war ein Mus­ter­beis­piel für die glän­zende, reibungslos arbeitende Organ­isa­tion des revolu­tionären Kampfes. Aber er offen­barte zugleich den größten organ­isat­or­ischen Fehler unser­er Partei. Die Ham­burger Käm­p­fer besaßen die volle Sym­path­ie der Arbeit­er in den Betrieben, aber sie hat­ten organ­isat­or­isch keine Ver­bindung mit ihnen. Es zeigte sich die gan­ze Unbrauch­barkeit, die ver­häng­nis­volle Rück­ständigkeit unser­er alten sozi­al­de­mokrat­ischen Wohnor­gan­isa­tion. Die Wahl­maschine taugt nicht für die Bar­rikaden! Die schwer­ste Lücke in der Ham­burger Kampf­front war das Fehlen kom­mun­istischer BETRIEBSZELLEN. Eine Käm­p­fer­schar wie die Ham­burger, die sich auf fest ver­wurzelte Zel­len in allen Betrieben und auf die Ver­ein­i­gung der brei­t­esten Arbeit­er­massen stützt, wird kün­ftig in ein­er ähn­lichen Situ­ation unbe­siegbar sein.

10. Die größte, wer­tvoll­ste Lehre des Ham­burger Auf­standes ist die großartige Erfül­lung der ROLLE DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI IN DER PROLETARISCHEN REVOLUTION. Die Kom­mun­isten war­en nicht in Worten, son­dern in der Tat der Vortrupp, die Führung, der Weg­weiser der Arbeit­er­klasse. Sie gaben der Bewe­gung ein klar umris­senes Ziel, ein genau for­mu­liertes Pro­gramm: die Diktatur des Pro­let­ari­ats. In dieser Bez­iehung steht der Ham­burger Kampf auf ein­er weit höher­en Stufe als alle früher­en Bewe­gun­gen. Die Märza­k­tion von 1921 z.B. hält kein­en Ver­gleich mit dem Ham­burger Auf­stand aus. Nur weil die Partei die Führung des Kampfes fest in den Händen hatte, wurde von den Ham­burger Revolu­tionären zum ersten Male in West­europa die Marx-Engelssche Lehre begrif­fen und ver­wirk­licht, daß “der Auf­stand eine Kunst und daß die größte Hauptre­gel dieser Kunst die mit ver­we­gen­er Küh­nheit und größter Entschlossen­heit geführte OFFENSIVE ist.

Ernst Thäl­mann

gan­zer Text in: deutsch | swedisch